
Von Klaus Lenser | Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig, das im Jahr 1992 begann. Mit im Boden verlegten kleinen Gedenktafeln, sogenannten Stolpersteinen, soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden.
Stolpersteine wurden in Deutschland wie auch in 30 weiteren europäischen Ländern verlegt. Mit mehr als 110.000 verlegten Steinen gelten sie als das größte dezentrale Mahnmal der Welt.
Im Podcast von Klaus Lenser erfahren Sie noch mehr zur Verlegung der Stolpersteine mit Blick auf die Auseinandersetzung mit dem Thema durch Schüler und Schülerinnen.
https://www.nrwision.de/mediathek/do-mu-ku-ma-zehn-neue-stolpersteine-in-hoerde-251124
Die Verlegung der Stolpersteine in Dortmund wird im Auftrag des Künstlers, der nicht anwesend sein konnte, vom Jugendring Dortmund in Kooperation mit dem Friedhofsamt Dortmund organisiert und durchgeführt.
Am 10. November 2025 wurden zehn gespendete Stolpersteine in Hörde verlegt.
Ca. 100 Schülerinnen und Schüler, einige Lehrerinnen und Lehrer und weitere Zuschauerinnen und Zuschauer waren dabei, als fünf Stolpersteine für die Familie Grüneberg in der Beukenbergstr. 2 verlegt wurden – mit folgenden Inschriften:
HIER WOHNTE HUGO GRÜNEBERG JG.1881 | „SCHUTZHAFT“ 1938 STEINWACHE | INTERNIERT WESTERBORK | DEPORTIERT 1943 SOBIBOR | ERMORDET 14.5.1943
HIER WOHNTE MARTHA GRÜNEBERG GEB. HERRMANN JG. 1882 | FLUCHT 1939 HOLLAND | INTERNIERT WESTERBORK | DEPORTIERT 1943 SOBIBOR | ERMORDET 14.5.1943
HIER WOHNTE BERNHARD GRÜNEBERG JG. 1912 | FLUCHT 1937 HOLLAND | INTERNIERT WESTERBORK | DEPORTIERT 1943 SOBIBOR | ERMORDET 7.5.1943
HIER WOHNTE FANNI GRÜNEBERG VERH. DE LEEUWE JG. 1915 | VERZOGEN 1933 HOLLAND | INTERNIERT WESTERBORK | DEPORTIERT 1943 AUSCHWITZ | ERMORDET 17.09.1943
HIER WOHNTE EDITH GRÜNEBERG JG. 1921 | FLUCHT 1939 HOLLAND | INTERNIERT WESTERBORK | DEPORTIERT 1942 AUSCHWITZ | ERMORDET 15.12.1942
Ruth Prinz, die Großnichte von Hugo Grüneberg, war bei der Verlegung der Stolpersteine anwesend: „Es ist sehr bewegend für mich, zu wissen, dass hier Verwandte, der Onkel meines Vaters, von dem er öfter mal erzählt hat, gelebt hat. Auch der Cousin und die Cousinen meines Vaters, haben hier gewohnt. Dass heute meiner Familie gedacht wird, ist bewegend für mich. (…) Mein Vater hat das Konzentrationslager Auschwitz überlebt. Er hat wenig erzählt von seinen Erlebnissen. Alles, was ich wusste, war, dass seine Eltern, sein Bruder und seine jüngste Schwester in den Konzentrationslagern ermordet wurden. Er hat mit schlimmen Erlebnissen überlebt.“
Insgesamt wurden 67 Familienmitglieder von den Nazis ermordet.
Die Recherchen zur Familie Grüneberg sind das Ergebnis des Gedenkprojekts „Following Traces“, das vom Karl-Schiller-Berufskolleg in Kooperation mit dem Internationalen Bildungs- und Begegnungswerk IBB e.V. Dortmund und einer Partnerschule, dem Delton College in Zwolle (NL) durchgeführt wurde – gefördert über die Stiftung EVZ (Erinnerung, Verantwortung, Zukunft).
Zwei Lehrer aus Zwolle, der Schulleiter des Karl-Schiller-Berufskollegs, Dr. Uwe Wiemann und mehrere Schülerinnen und Schüler des Kollegs waren anwesend – sie trugen Biographien zur Familie Grüneberg vor und gaben Informationen zum Projekt. Zehn deutsche und zehn niederländische Schülerinnen und Schüler forschten in deutschen und niederländischen Archiven und Gedenkstätten, um das Schicksal der Familie Grüneberg zu dokumentieren. Sie wurden unterstützt von Dr. Wiemann, der an der deutsch-niederländischen Grenze aufwuchs und niederländisch spricht. Eine Mitarbeiterin des IBB hatte zuvor in Bochum zu einer Familie recherchiert, die nach Zwolle geflohen war. Dort im selben Haus hatte auch Bernhard Grüneberg Zuflucht gesucht. So entstand das Projekt, das Schicksal der Familie Grüneberg aus Hörde zu erforschen.
Das Goethe-Gymnasium nahm mit 60 Schülerinnen und Schülern, mehreren Lehrerinnen und Lehrern und dem Schulpfarrer Martin Hendler an den Stolpersteinverlegungen teil. In der Beukenbergstaße bildete das Gedenken an die ehemalige Schülerin Edith Grüneberg einen Schwerpunkt. Edith besuchte das Goethe-Lyceum, das später zum Goethe-Gymnasium wurde. Das Gedenken an ehemalige Schülerinnen bildet einen Schwerpunkt der Erinnerungsarbeit an dieser Schule. Mit Texten und Liedern wie „Shalom Chaverim“ und „Dona nobis pacem“ begleiteten die Schülerinnen und Schüler des Goethe-Gymnasiums mit ihren Lehrerinnen und Lehrern auch die anschließenden Stolpersteinverlegungen.
Bahnhofstraße 9 – 11 (früher Hermannstr. 5)
Stolpersteine für Familie Schwabe:
HIER WOHNTE SALY SCHWABE GEB. SICHEL JG. 1893 | DEPORTIERT 1942 GHETTO ZAMOSC | ERMORDET
HIER WOHNTE LUDWIG SCHWABE JG. 1887 | DEPORTIERT 1942 GHETTO ZAMOSC | ERMORDET
HIER WOHNTE LIESELOTTE SCHWABE JG. 1924 | DEPORTIERT 1942 GHETTO ZAMOSC | ERMORDET
HIER WOHNTE GRETE GOTTSCHALK GEB. FELDHEIM JG. 1887 | DEPORTIERT 1942 GHETTO ZAMOSC | ERMORDET
Letzter Verlegungsort Seekante 5 (früher Alfred-Trappen-Straße 58):
HIER WOHNTE GRETE SPEIER JG. 1898 | DEPORTIERT 1942 GHETTO ZAMOSC | ERMORDET
Am 30. April 1942 verließ ein Deportationszug mit 791 jüdischen Männern, Frauen und Kindern den Dortmunder Südbahnhof in Richtung Zamosc. Sie stammten aus dem gesamten Regierungsbezirk Arnsberg. Aus diesem Transport überlebte niemand.
